30.04.2016 - Strapazi – Safari zur Königsspitze

Von: Anne-Marie Flammersfeld


Ostwand-Feeling am Gran Zebru

volle Konzentration hoch über dem Abgrund

strahlende Siegerin am Umkehrpunkt

Autorin unter der Königspitze

"Tourengspänli" in Powderzone

stählernes Ungetüm? Ölplattform?

Für meine erste Strapaziskitour in diesem Winter (!) wählte ich gleich mal ein grosses Abenteuer: Die Königsspitze in Sulden, auch Gran Zebru genannt, misst 3851m und gilt wegen seiner auffallend schönen Form als einer der schönster Berge der Ortler-Alpen. Auffallend schön war auch die Tatsache, dass Toni den Treffpunkt bereits für 1:00 Uhr in der Früh (oder Nacht?) vorgesehen hatte und, O-Ton Hans: „Man die Kaffeemaschine gar nicht erst ausschalten musste“. Im Strapazi-Mobil ging es dann los und Toni, Hans und ich fuhren hellwach über die dunklen Strassen des Engadins. Die Strecke erwies sich als die reinste Disko, da wir alle paar Kilometer mit den Scheinwerfer in die roten Augen der Tiere leuchteten, die sich zahlreich auf den Wiesen und Strassen tummelten. Die Safari hatte also begonnen: Hirsche links, Hirsche rechts, ein Reh mitten auf der Strasse; ein Reh, welches schreckhaft aus dem Gebüsch auf die Strasse hüpfte; ein Reh, welches schreckhaft ins Gebüsch hechtete, ein Fuchs, ein Hase und sogar ein Dachs! Waren wir zwischenzeitlich etwa vom Weg abgekommen und im Zoo gelandet? Apropos Weg: in La Punt wurde es zwischendurch sehr abenteuerlich, da die Strasse gesperrt war und wir über einen Feldweg ausweichen mussten, der dann parallel zu den Gleisen verlief. Kurz hatte ich die Befürchtung, dass Toni auf die Idee kommen würde, das Strapazi-Mobil auf die Gleise zu lenken (könnte ja durchaus schneller gehen). Zum Glück fuhr er aber dann über einen Schotterweg weiter und wir landeten wieder auf der normalen Strasse. Gegen 3:20 waren wir dann bereits in Sulden und suchten auf etwas umständlichen Weg den Einstieg zur Talabfahrt. Ja, wir Menschen sind mitunter Nachtblind und da nützt auch eine gute Stirnlampe nichts. Auf den ersten 20 Minuten genossen die Ski noch eine Tragepassage und durften dann endlich zum Einsatz kommen, obwohl die Piste eher einem schweizer Käse glich und wir die Ski elegant über die letzten Reste des Schnees lenken mussten. Hans versuchte sein Glück mit seiner neuen Kamera und wollte unbedingt zwei Strapazis im Nachtmodus vor die Linse kriegen; gefühlte 65 Minuten später kam er dann die Piste hochgestapft und berichtete uns ausführlich über die technischen Finessen dieser neuen Kamera. Währenddessen beobachteten Toni und ich diverse Flugobjekte am schwarzen Himmel und wunderten uns über ein grosses Konstrukt, was eher einer Ölbohrinsel glich, sich dann aber bei näherem Betrachten als Mittelstation herausstellte. Mit aufkommender Morgendämmerung bewegten wir uns über den Gletscher mit ziemlich zugedeckten Spalten. Die Ostwand lag nun in Sichtweite und ich überlegte zum ersten Mal, ob meine vom Lauftraining strapazierten Waden diese steile Eisrinne aushalten würden. Lauftraining hin oder her, es brannte und höllisch und ich schnaubte Flammen. Worauf hatte ich mich da wieder eingelassen? Hans war schon im Turbo weiter oben und ich profitierte von Tonis Spurarbeit. Die Steigeisen griffen, die Waden brannten, die Sonne ging im Rücken auf, die Stimmung war toll und Kameras wurden in jeglicher erdenklicher Lage und Hangneigung gezückt und frohlockend wurde die Szenerie festgehalten. Hans hatte durch sein Tempo einiges an Vorsprung gewonnen, und als wir endlich zu ihm gelangten, hatte er schon ein 1A- Schneemuster gestochen und richtig analysiert, dass der weitere Weg durch eine Steilpasse zu gefährlich sei. Auch Toni, als Leitwolf, stimmte zu und so beendeten wir die Aufstiegssafari ca. 500 Hm unterhalb des Gipfels. Die Steilabfahrt forderte dann nochmals höchste Konzentration. Zur Belohnung wurden wir dann im unteren Teil mit feinstem Powder belohnt. Wie freigelassene Zebras pflügten wir unterhalb des Gran Zebru durch die Steppe. Mit einem fetten Strapazigrinsen shredderten wir dann auch noch das letzte Stück über die im Schatten gelegene vereiste Piste hinab bis ins Tal und wunderten uns, als wir auf einem überfüllten Parkplatz der Talstation ankamen.

Auf dem Rückweg ins Engadin war übrigens von den Tieren nichts mehr zu sehen. Die mussten sich wohl von der Disko-Night wahrscheinlich erst einmal erholen...

Fazit: wie immer eine sehr gelungene Tour! Vielen Dank!