18.05.2014 - Eine Strapazi am Nordpol

Von: Anne-Marie


Im Ziel ist alles nur noch halb so schlimm!

Santa Claus am Nordpol!

Mein Equipment!

Eine echte Strapazi zeichnet sich durch extreme Abenteuerlust, Entdeckergeist und Liebe zur Natur aus. Somit ziehen es echte Strapazi vor, sich in aussergewöhnliche Situation zu begeben, um sich dort bedingungslos auszutoben. Um zu spüren, was Kälte wirklich bedeutet, und nicht nur, wie es sich anfühlt, ging mein nächstes Abenteuer an den nördlichsten Punkt der Welt: zum Nordpol.

Bei minus 30 Grad nahm ich am internationalen UVU Nordpolmarathon teil und rannte auf Eis und Schnee auf einem knapp 3,3km langen Parcours 12 Runden. Hier kommt mein Bericht:

Der Start war morgens um 11 Uhr- obwohl ich gar kein Zeitgefühl mehr hatte, da es am Nordpol zu der Jahreszeit 24 Stunden hell ist. 50 Läuferinnen und Läufer aus der ganzen Welt wärmten sich an Startlinie so gut es ging auf. Alle waren vermummt und mit den besten und dicksten Kleidern eingepackt- eben so, wie man sich fühlt, wenn man an den Nordpol denkt: Eisig kalt, so dass die Nasenhaare sofort einfrieren und sich das Gesicht wie nach einem zu langen Tauchgang im Eiswasser anfühlt.

Nach der ersten Runde war meine Skibrille und Sonnenbrille total eingefroren, so dass ich fortan ohne Brille gerannt bin. Hatte zur Folge, dass ich an den Wimpern und überall im Gesicht dicke Eiszapfen hängen hatte- konnte teilweise nicht mehr schauen und hatte Angst, dass die Augen einfrieren! Nach der zweiten Runde waren die Füsse und Hände warm. Füsse blieben warm bis zum Schluss. Hände verabschiedeten sich in der 4. Runde! Das ist ja nichts Neues für mich, das passiert mir ja ständig! Da halfen auch die guten Handschuhe nichts. Ich hätte mir Handwärmer besorgen sollen, wie alle anderen Läufer auch..

Ich kam mir einfach vor wie ein Fischstäbchen im Gefrierfach!

Ich hätte einfach mal im Küchenzelt anhalten können, um mich aufzuwärmen- so wie alle anderen Läufer auch. Aber ich konnte einfach nicht stehenbleiben! Ich wäre vermutlich auch über einen Eisbären gestolpert, da ich mental so auf`s Laufen und mich konzentriert war. Es lief einfach alles gut, ich hatte einfach einen guten Tag erwischt! In Runde neun schaffte ich es mit meinen Eisfingern eine Tasche an meiner Jacke zu öffnen, um einen Energiegel zu essen. Dieser Riegel war durch und durch gefroren! Und mit dicken Handschuhen lässt sich so ein Teil nicht richtig öffnen- und schon gar nicht mit Eisfingern- also hatte ich nur einen Bissen, was besser als gar nichts war. Ich war aber auch nicht richtig hungrig oder durstig! Lag wohl daran, dass das Tempo relativ langsam war und ich im Fettverbrennungsmodus laufen konnte. Ich spulte die Runden einfach wie beim Intervalltraining ab oder erinnerte mich an die Runden-Trainingseinheiten am Lej Alv auf der Corviglia.

Das Laufen auf Eis und Schnee kenne ich ja, das war ja nichts Neues. Trotzdem stolperte ich einige Male (worüber auch immer) und konnte mich mit einem geschickten Abroller ( keine Flammersfeld'sche Rolle) abfangen- was für Muskelkater in den Schultern am nächsten Tag führte.

In Runde Acht hatte ich fest vor, meine dicken Handschuhe aus dem Küchenzelt zu holen, doch ich lief einfach dran vorbei und war in Runde neun! Ab Runde zehn hatte ich dann einen taktischen Vorteil, da der zu der Zeit Zweitplatzierte Luke sich zu lange im Zelt aufhielt und ich ihn überholte. Wenige Meter später schloss er zu mir auf und wir liefen einen Abschnitt zusammen ehe ich merkte, dass es keinen Sinn für mich machte, seinem Tempo zu folgen. Ich überholte ihn und dachte, dass er sich an mich dranhängen würde, was aber nicht der Fall war! Und so zog ich die letzten zwei Runden routiniert durch und war sehr froh und dankbar, als ich im Ziel als erste Frau und zweite Overall ankam!

Nach den obligatorischen Fotos und Interviews steuerte ich schleunigst auf das warme Küchenzelt zu. Endlich! Endlich konnte ich mich aufwärmen!! Und dann realisierte ich ziemlich schnell wie kalt es eigentlich war! Ich rannte in Windeseile in mein Zelt, zog alles aus, um in warme Kleider zu wechseln! Und dann dauerte es gute 3 Stunden, bis ich wieder warm war. Dabei halfen mir Ingwertee, Schokolade und- natürlich- Gummibären!!

Nachdem es mir wieder gut ging, übernahm ich im Küchenzelt das Amt der Samariterin und versorgte eingefrorene Läufer mit allem möglichen. Ich konnte so mitleiden, wenn sie wieder raus auf den Parcours mussten, um weitere 3-5 Runden zu laufen!

Gegen 21 Uhr war es dann soweit: der Helikopter in Richtung Nordpol stand parat! Wir packten uns alle in die dicksten Klamotten und Felle, stiegen in ein russisches Fluggefährt und ratterten 45 Minuten bis zum wirklich nördlichsten Punkt der Erde!

Unser Guide suchte per GPS zu Fuß schließlich DEN Nordpol und markierte diesen momentanen Punkt mit einem großen Stab!

Paulchen, der Eisbär, das Maskottchen meiner Stiftung freute sich sehr, endlich mal in seinem Heimatland zu sein...

Da es am Nordpol gefühlte minus 40 Grad waren (kann man das überhaupt noch fühlen?!), waren grosse Fotosessions nicht drin. Jeder machte ein paar Bilder, stellte Flaggen oder Maskottchen auf und dann kam doch wirklich auch noch Santa Claus vorbei... ( siehe Fotos )

Ein irrer Trip! Ich danke all den Personen, die das möglich gemacht haben, besonders UVU mit Gerhard, Basti und Richard.

UVU North Pole Women's Marathon

1.
Anne-Marie Flammersfeld (GER) 4:52.45 (neuer Streckenrekord!)
2. Anna Wester (NED) 7:57.50
3. Shona Thomson (GBR) 9:09.22
4. Eleanor Dorran (IRL) 9:21.24
5. Pam Solberg-Tapper (USA) 9:53.55
6. Jacqui Burke (GBR) 10.09.30
7. Judy Scrine (GBR) 10:23.47

 

2014 UVU North Pole Marathon (men)

1. Mike Wardian 4:07:40 hrs
2. Luke Wigman 5:03.55 hrs
3. Patrick Cande 5:46.19 hrs
4. Bruno Ercoli 5:54.46 hrs
5. Ian Hunt (GBR) 6:42.56
6. Hans-Jorg Hegner (SUI) 6:49.16
7. William Gargiullo (SUI) 6:54.50
8.
Sierd Nutma (NED) 7:19.40
9. Pierre Wolkonsky (FRA) 7:25.00
10. Mark Cooper (AUS) 7:32.18
11. Karl Hinett (GBR) 7:40.36