21.02.2015 - Ama Dablam, ein Multimedia Vortrag

Von: Toni


Ama Dablam, von Südwesten

Gipfelzone mit Dablam-Hängegletscher

Stephan am "Mushroom ridge"

vertikale Stufe im Eis des "Mushroom ridge"

klettern auf Augenhöhe mit dem Monster (Foto Bernhard Stähli)

Strapazis on top, what else?

Camp 2, luftiger Adlerhorst für Bergsteiger

Abseilen am "Mushroom ridge"

Amphulapcha La

Nach den Erfolgen am Mera Peak und am 7152 m hohen Baruntse liegt gar eine Besteigung der Ama Dablam für die Strapazis drin. Zuvor muss jedoch der hohe Amphulapcha-La überquert werden, eine regelrechte Mordsetappe vom Baruntse Basislager bis nach Chhukhung. An diesen Passübergang hatte ich noch intensive Erinnerungen:

Das Seil, das wir damals dabei hatten, war definitiv zu kurz für die fast senkrechte Abseilstelle. Ich musste improvisieren. So liess ich Daria die ganze Seillänge runter und seilte mich danach am Doppelseil ab. Auf halbem Weg zum einfachen Pickelstand meiner Frau war das Seilende erreicht. Also musste sie mich sichern, wie ich die fast senkrechte Firnwand abkletterte. Das war vor 29 Jahren.

Heute haben wir genug Seile dabei und ein Fixseil ist beim heutigen Übergang bereits installiert. Das Problem ist nur, ein Knoten im Fixseil befindet sich genau an der steilsten Stelle. Der Abseilachter muss also kurz entlastet und der Knoten durchgedrückt werden und dann erst kann die Abseilfahrt weitergehen. Kein wirkliches Problem für uns. Und trotzdem wird uns der Tag noch lange in Erinnerung bleiben. Sind wir doch an jenem Tag 12 Stunden unterwegs gewesen, waren in fast 5900 m Höhe, und  sind erst bei Dunkelheit in Chhukhung angekommen. Beim Znacht danach wird gar von Verreckerlis spielen gesprochen….

 

 

Ama Dablam, 6814 m

„Da bist du ja wieder. Hast du nicht genug vom letzten Jahr? Schau nur, was ich diesmal für euch Bergsteiger bereithalte“. Die alte Lady schaut höhnend auf mich herab, während meine Gedanken kreisen und ich langsam und nach Atemluft ringend die Höhenmeter ins Basislager  hinaufsteige.

Letztes Jahr im Herbst war die Sache mit den allzu üppigen Monsun-Schneefällen, welche die Schneepilze am „Mushroom ridge“ zu lebensgefährlichen Monstern anwachsen liessen. Und dieses Jahr existiert doch tatsächlich wieder ein neues Problem, das uns eine Besteigung vereiteln könnte. Viele Bergsteiger sind darum wieder abgestiegen und geben sich mit einem Trecking zufrieden. Das aktuelle Problem ist der mächtige Dablam, jener riesige Eisabbruch, der drohend über dem oberen Teil der Route hängt. Es gab dort oben schon früher tragische Unfälle und vor gut einer Woche ist es wieder passiert. Ein Sherpa wurde von herabstürzenden Eismassen tödlich getroffen und einige Bergsteiger wurden schwer verletzt.

Die Stimmung im Basislager ist deshalb gedrückt. Expertenmeinungen über die kritischen Tageszeiten eines möglichen Eisabbruches werden herumgeboten. Der Koreaner gibt sich da sehr bestimmt, er ist auch schon am längsten da und zeigt mir auf seinem Smartphone eine Fotoserie, welche die täglichen Veränderungen im Eisabbruch festhält. Auch wird spekuliert über den Zustand der Fixseile nach diesem schrecklichen Unfall. Eine Menschentraube hängt ständig am grossen Fernrohr, welches irgend ein Ami heraufschleppen liess.

Auch ich bin irgendwann an der Reihe. Dann sehe ich ihn auch, den crazy Italian, der dort oben, neben dem bläulich schimmernden Dablam hochsteigt. Es geht also doch!

Nach Konsultation der Meteorologen in der Schweiz brechen wir auf. Wir haben alles dabei für einen „single push“ Das erspart uns die Arbeitstage für das auf und ab zum Einrichten der Hochlager. Wir nehmen also alles direkt mit hinauf ins Camp 1. Das heisst Biwakmaterial Kletterausrüstung und die warmen Sachen kommen in den Rucksack. Das ergibt happige Lasten und mühsames Hochtragen. Nach einer Nacht im Camp 1 treffen wir dort Maurizio, den Helibernina Piloten wieder, er war also der crazy Italian! Er gibt uns genaue Infos zur Route. Damit wächst die Erfolgschance für unseren verwegenen Plan, ab Camp 1 direkt zum Gipfel hochzusteigen und das luftige Camp 2 links liegen zu lassen.

Um 3 Uhr beginnen wir mit der Kocherei und um 4 Uhr brechen wir auf, noch im Dunkeln. Im Schein unserer Stirnlampen klettern wir über verfirnte Felsen. Am gelben Turm, einer Kletterstelle im 5. Grad, hangle ich mich im senkrechten Fels von Griff zu Griff. Immer darauf bedacht, die Steigklemme möglichst sofort wieder nachzuschieben, um so einen allzu heftigen Sturz zu vermeiden. Hier machst du besser keine Fehler, rede ich mir immer wieder ein. Auf Camp 2 treffen wir auf die Belgier, die bereits wieder umgekehrt sind, weil ihre Sherpas behauptet haben, die Fixseile seien unbrauchbar im Eis eingeschmolzen. Wir haben jedoch von Maurizio die besseren Infos. In unserem Sog wollen sie es nochmals versuchen und klettern uns hinterher. Doch sie kommen nicht weit, ihre Energie ist bereits verpufft.

Zügig nehmen wir den „Grey tower“ und dann den „Mushroom ridge“ in Angriff. Hier war vor einem Jahr Schluss. Die neue Route umgeht die ausladenden Türme durch heikle Passagen in steilen Firnwänden mit vertikalen Eisstufen. Schwere Eiszapfen hängen dabei über unseren Köpfen, bedrohlich auf uns herunterzielend. Dann stehen wir auf dem kleinen Balkon unter dem Dablam. Kurzes Innehalten von Stephan, der vorausgeklettert ist. „Just go for it“, rufe ich ihm zu. Und wie wenn er darauf gewartet hätte, steigt er zügig die bläulich schimmernde, vereiste Firnflanke hoch. Der Dablam ist ein unheimlicher Riese. Da hängt tonnenweise Eis über unseren Köpfen. Wenn da ein Stück abbricht von der Grösse eines Einfamilienhauses, dann haben wir schlechte Karten. Ansonsten hält sich unsere Route möglichst weit aus der Schusslinie des Eisabbruches. Bei kleineren Brocken hätten wir durchaus eine Chance, nicht getroffen zu werden. Wir probieren schnell zu sein im Streubereich dieses Monsters. Aber auf der Höhe ist man nie genug schnell. Mein Puls rast, der Atem keucht, aber schneller geht’s einfach nicht. Eine Höhle schimmert intensiver blau als der Rest des Eisabbruches. Hier ist wohl die tödliche Eismasse abgegangen. Ein Schaudern packt mich. Ich vermag dem Monster nicht mehr länger in die Augen zu schauen so sehr fürchte ich mich vor einem Rülpser des hellblau schimmernden Eisabbruches. Meine Spannung löst sich allmählich, als ich neben der blauen Höhle klettere. Ich bemerke alte Fixseile, die wie gespannte Saiten die Höhle durchqueren. Hier herrschen immense Kräfte, welche die dünnen Bergsteigerseile niemals zu bändigen vermögen. Menschenwerk stösst hier an seine Grenzen.

Darüber ist nur noch die Gipfelwand, eine verfirnte Steilflanke ohne besondere Gefahr. Und Siddhi, unser Sirdar ruft mir sichtlich erleichtert zu, „no more danger!“

Kurz danach stehen wir auf dem Gipfel der Ama Dablam, wir haben es geschafft! Freudig machen wir die obligaten Fotos und helfen Siddhi bei der Zeremonie mit den Gebetsschnitzeln, die der Wind unverzüglich mitnimmt.

Der Abstieg geht zügig, unzählige Male über die Fixseilstrecken abseilend. Im Bereich des Monsters legen wir noch einen Zacken zu bis wir aus dessen Schusslinie sind. Ziemlich ausgelaugt komme ich dann zurück ins Camp 1 und freue mich darüber, dass ich es trotz angeschlagener Gesundheit doch noch zum Gipfel hinauf geschafft habe. Nur die harten Strapazis Touren, der Vorbereitungsphase haben dies erst möglich gemacht.

Mein Traum von der Ama Dablam ist nun doch noch wahr geworden. Denn wie heisst  es so schön in einem tibetisches Sprichwort: Unterschätze nie die Kraft deiner Träume!

 

 

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Multimedia -Vortrag im Gemeindesaal Celerina

Mit Expeditionsleiter Toni Spirig, können auch sie diese Expedition zu packenden Bildern miterleben:

 

Ama Dablam

Samstag, 21. Februar. 2015, um 20.00 Uhr,

Eintritt ist frei - Kollekte.