26.05.2015 - Strapazis am Illimani, 6439 m

Von: Stephan


weiss leuchtet der Illimani, 6439 m

Campo Alto auf 5400 m

In der Morgendämmerung am Gipfelgrat

magischer Moment: Sunrise am Gipfel des Illimani

Strapazis on top: Eulogio, Ursina, Stephan

im Abstieg am Illimani

Der Illimani ist ein mächtiges Bergmassiv in der Nähe von La Paz und stellt den höchsten Gipfel der Cordillera Real, den Pico Sur. Bereits vor 4 Jahren, bei unserem ersten Bolivien Besuch, liebäugelten wir mit diesem Gipfel, entschieden uns damals jedoch für den Sajama. Da wir etwas trainieren müssen für vier Wochen Huaraz mit top motivierten Strapazis, entschieden wir uns diesen 6000er in Angriff zu nehmen. Der Illimani ist nicht so populär wie der Huayna Potosí, daher gleisten wir dieses Expeditiönli bereits von Argentinien aus auf. Wir haben nämlich aktuell nur Trekkingmaterial im Rucksack - Schalenschuhe, Steigeisen und so weiter mussten wir alles mieten. Genaro, Bergführer und Chef von Elma Tours hatte ein riesiges Lager - da waren viele antike Stücke dabei, aber es war durchwegs gutes Material. Am Vortag deckten wir uns mit allem Nötigen ein. Wir starteten am Morgen um 9.00 Uhr von La Paz. Eulogio, ein sympathischer lokaler Bergführer holte uns im Hotel ab. Ein alter Toyota Quatro por Quatro wurde eben beladen. Francisca, die Frau von Genaro, hatte den Überblick und schaute, dass es an nichts fehlte. Julio, unser Koch, kam aus dem Maxikiosco mit den letzten Einkäufen. Francisca wünschte uns alles Gute und meinte, wir sollen dem Illimani respektvoll begegnen - der Illimani ist den Bolivianern ein Wahrzeichen. Die Fahrt ging los - erst runter in den Kessel von La Paz und auf der anderen Seite wieder in die Höhe. Die Landschaft änderte sich schlagartig, wir waren nun auf dem Land. Kleine Weiler säumten die Schotterstrasse, die Bauern waren mit Lasteseln unterwegs - so nah bei La Paz, und doch gefühlt am Ende der Welt. Vier Stunden dauerte die Fahrt, wir überwanden vier Pässe. Die Strasse wurde immer schlechter - zwischenzeitlich mussten wir aussteigen, weil unser Toyota am Berg nicht mehr anfahren konnte. Am frühen Nachmitag erreichten wir Pinaya auf 4000m. Hier endete auch die Strasse. Auf dem Hauptplatz, einer Bergwiese mit vom Bürgermeister gesponserten Bänken, zwei Fussballtoren und einer kleinen Kapelle, gab es Zmittag. Es war ein Prachtstag, weiss leuchtete das Illimani Massiv auf uns herab - 2500Hm trennen uns noch vom Gipfel. Der Aufstieg ins Base Camp war Genuss pur - Esel nahmen uns das Klettermaterial ab, wir wanderten vorbei an Kartoffelfeldern und kleinen Alpen zur letzten Wiese am Fusse des Illimanis. Die Schafe und Lamas sorgen hier oben für einen perfekt gestutzten englischen Rasen - es war eine Freude, das Zelt aufzustellen. Nach Quinoasuppe und einem Stück Fleisch mit Nudeln genossen wir den Sonnenuntergang und die Sicht auf La Paz und El Alto. Orange leuchtete die Millionenstadt am Horizont, hier oben war es jedoch still - keine Dieselwolken, kein Gehupe, Natur pur.

Der nächste Tag war etwas härter. Mit Vollpackung ging es 1000m in die Höhe - ins Campo Alto auf rund 5400m. Unterwegs passierten wir verlassene Minen - Blei und Zink wurde hier abgebaut, auch wenig Gold wurde gefunden. Ich inspizierte einen Stollen und sah die Metalladern. Die Mine wurde jedoch schon vor längerer Zeit aufgegeben - zu abgelegen, zu weite Transportwege, zu tiefe Preise für Zink und Blei, um rentabel zu fördern. Nach knapp vier Stunden erreichten wir japsend nach Sauerstoff das Campo Alto auf 5400m. Es hatte nur gerade Platz für unsere zwei Zelte. Kaum standen diese, begann es zu graupeln - wir verzogen uns ins Zelt und warteten auf Wetterbesserung. Gegen Abend zog es auf, und bei Coca Tee und Guetzli lernten wir Eulogio besser kennen. Er ist 45 Jahre alt und seit 15 Jahren arbeitet er als Bergführer. Circa 600x war er auf dem Huayna Potosí, 100x auf dem Illimani. Der Illimani sei sein Favorit, er kenne alle der vier Gipfel. Sein Traum sei der Aconcagua - die Gipfelgebühren von 500$ seien aber sehr viel für bolivianische Verhältnisse. Wir seien gut unterwegs, morgen wolle er um 1:30 starten um bei Sonnenaufgang auf dem Gipfel zu stehen. Julio, unser Koch, zauberte wieder ein super Menü auf den Tisch - eine kräftige Suppe und ein Poulet-Gemüse Reis. Kaum war es dunkel, kam die Kälte - wir verzogen uns in die warmen Schlafsäcke um noch ein paar Stunden Schlaf zu ergattern. Ich machte mir Gedanken zum morgigen Tag - war die Akklimatisation ausreichend? Wir waren nun schon ein paar Tage auf rund 4000m, am Tag vor der Abreise zum Illimani wanderten wir hoch auf 5400m - da hatte ich am Abend jedoch Kopfschmerzen. Im Campo Alto fühlte ich mich jedoch gut - ich war daher optimistisch. Um Mitternacht hörte ich, wie der Kocher angeworfen wurde. Es gab Brot, Käse und Kaffee zum Zmorgen. Um 1:30 gings pünktlich los. Nach etwa 100 Hm erreichten wir den Firn - am Seil und mit Steigeisen ging es weiter. Es wurde kälter und kälter. Ursina packte die Thermopads in die Handschuhe. Überraschend steil ging es einem Grat entlang bis zu einem Pass links des Pico Sur. Die Waden spannten, der Sauerstoff fehlte. Es begann zu dämmern, als wir dem Grat folgend in Richtung Gipfel stiegen. Der Wind frischte auf, die Stimmung um uns war jedoch gigantisch - ein Wolkenmeer im Tal, der rot verfärbte Horizont. Just auf dem Gipfel angekommen, ging die Sonne auf - perfektes Timing, ein magischer Moment. Die Strapazen sind vergessen, die Sonnenstrahlen begannen uns aufzutauen. Endlich wieder mal mit Ursina gemeinsam auf einem hohen Gipfel, auf 6439m. Keine Kopfschmerzen, die Akklimatisierung war offenbar gut. Genuss pur. 

Der Abstieg war wesentlich schneller - im kompakten Firn ging es steil bergab. Wir sahen nun, wo wir überall hochgeklettert sind, die Schneebrücken, welche wir überquert hatten und die Firnwände. Im Hochlager erwartete uns Julio mit heissem Tee. Kurz vor 11 Uhr gings mit Sack und Pack weiter bergab ins Basecamp, wo wir im Bach die Füsse kühlten und entspannten. Nach einem Zmittag gings zurück nach Pinaya, wo wir auf unser Taxi warteten um zurück nach La Paz zu kommen. Der Taxifahrer war aus dem hiesigen Dorf - entsprechend lange dauerte es, bis wir los kamen. Um 21:00 trafen wir ziemlich durchgeschüttelt in La Paz ein. Ein langer Tag lag hinter uns - wir genossen unsere schweren Beine und schwelgten in der Erinnerung an den Gipfel - Illimani, du bist nun auch für uns ein Wahrzeichen!