21.12.2019 - Manaslu, 8163 m "Berg der Seelen"

Von: Toni


Manaslu 8163 m, mit Gebetsfahnen über Basislager

zu Dritt auf 8000er Expedition: Curdin, Siddhi, Toni

auf Leitern über gähnende Gletscherspalten

Incredible Manaslu North bei Sonnenaufgang

Im Sturm auf ca. 7300 m

Schinderei mit Mehrsicht auf ca. 7700 m

Im Abstieg kurz unter dem Gipfel

«Da bist du ja wieder! Hast du noch nicht genug vom letzten Mal? Schau nur, was ich diesmal für euch Bergsteiger bereithalte»

Was für eine Begrüssung nach 31 Jahren! Der Berg kommt mir vor wie ein alter Bekannter. Der felsige Gipfel dort oben überragt einfach alles, der Manaslu im Himalaya Nepals ist denn auch einer der allerhöchsten Berge der Erde.

Sein Name leitet sich aus dem Sanskrit von «Mansana» ab, was Geist oder Seele bedeutet.

Manaslu ist somit der Berg der Seele.

Bereits 1988 habe ich als Expeditionsleiter eine Besteigung über den anspruchsvollen Ostgrat geleitet. Eine richtige Expedition noch mit viel Unbekanntem, wild und abenteuerlich. Die Anmarsch-Route war nur für Expeditionen zugelassen. Damals brachte ich noch eigenhändig die Fixseile an durch die Schlüsselstelle, eine gefährlich steile Schneeflanke. Auch grosses Glück, hatte ich, als eine mächtige Lawine unter meinen Füssen losbrach.

Drei meiner Begleiter schafften es damals auf den Gipfel und schrieben so Geschichte. Denn Ursula Huber wurde zur ersten Schweizerin, die einen Achttausender ohne Sauerstoff bestieg. Leider musste ich damals in den Sturmwinden auf 7600 m umdrehen.

Mit der Besteigung des etwas höheren Cho Oyu in Tibet, hatte ich mir zwar den langgehegten Traum einer Achttausender-Besteigung erfüllt. Das Thema Höhenbergsteigen könnte ich also als erledigt betrachten, nachdem mir diese Leistung erst noch ohne Sauerstoff aus der Flasche gelang.

Doch da ist immer noch einiges, das mich weiterhin antreibt: Das einfache, entbehrungsreiche Expeditionsleben, die intensiven Erlebnisse, die Begegnungen mit den Menschen  fremdartiger Kulturen und natürlich die faszinierende Bergwelt. Zudem blieben mir die Erlebnisse der damaligen Expedition als prägendes Erlebnis in guter Erinnerung. Mein Sohn Curdin liess sich anstecken und wollte mit dabei sein. Zusammen mit Siddhi, einem Nepali vom Bergvolk der Tamang, war das minimalistisch operierende Bergsteiger-Team komplett. Mit Siddhi kletterte ich bereits vor 5 Jahren auf hohe Berge im Khumbu-Gebiet, wusste also um seine Zuverlässigkeit und seine bescheidene, einfache Art.

 

 

Noch eine Rechnung offen

Auf der ersten Expedition mussten wir oberhalb des Basislagers noch alles selbst einrichten. Es gab viel zu spuren und immer wieder waren grosse Lasten zu schleppen. Das waren Schindereien und Knochenarbeit ohne Lohn. Als Expeditionsleiter hatte ich mit der Organisation viel zu tun. Ständig war ich mit irgendwelchen Listen beschäftigt. Erstellen von Verträgen mit Trägern, Lohnlisten, Auszahlungen in bar für die Träger, sowie die Expeditions-Buchhaltung musste geführt werden.

Heute ist vieles einfacher. Der bürokratische Aufwand hält sich in Grenzen, wir mussten nicht mal persönlich auf dem Ministerium in Kathmandu für das «Briefing» und «Debriefing» vorstellig werden. Unsere Agentur hat das alles vor Ort erledigt.

Aber heutzutage ist man auch nicht mehr allein am Berg. Der Manaslu ist ein beliebter 8000er und gilt als ideale Vorbereitung für eine Everest Besteigung. An den wenigen Tagen mit guten Bedingungen sind Bergsteiger auch mal in Kolonnen unterwegs.

Die Gruppen der kommerziellen Expeditions-Anbieter, deren Teilnehmer mit Sauerstoff aus der Flasche unterwegs sind, stauen sich dann an den schwierigsten Stellen des Aufstieges. Mit künstlichem Sauerstoff geht vieles einfacher in grosser Höhe. Der Appetit zum Essen bleibt erhalten, das Blut zirkuliert besser, auch oberhalb von 7500 m ist schlafen noch möglich und die Muskeln erzeugen mehr Wärme, da man sich schneller bewegen kann. Deshalb empfiehlt die Höhenmedizin, dass der Mensch in der Gipfelregion der Achttausender mit Sauerstoff unterwegs sein sollte, um gesundheitlichen Risiken aus dem Weg zu gehen.

Nur wenige der Bergsteiger versuchen, ohne Sauerstoff auf die allerhöchsten Gipfel zu kommen. Dieser Verzicht gilt unter Insidern denn auch als extreme Leistung und findet besondere Anerkennung. Für uns war von vorneherein klar: Wir wollten auf künstlichen Sauerstoff verzichten, wollten damit sportlich ethische Akzente setzen und nahmen das Risiko eines Scheiterns bewusst in Kauf.

 

Wir setzten auf eine möglichst schnelle Akklimatisation. Die Hochtouren im Berninagebiet kurz vor der Abreise unterstützten uns dabei.

Von Dharapani (1860 m) im Marsyangdi-Tal war bereits am 4. Tag der hohe Larke-Pass (5100 m) zu überqueren – ein erster Test für unsere Höhentauglichkeit.

Am 6. Tag erreichten wir das Basislager auf rund 5000 m. Danach bauten wir mit Siddhi,, zügig eine Hochlagerkette auf und verbrachten möglichst viele Nächte in den Zelten der Hochlager. Nach wenigen Tagen standen unsere Hochlager-Zelte schon in extremen Höhen, auf 5700 m, 6350 m, 6850 m und 7450 m.

Je höher wir kamen, desto dünner wurde die Atemluft und unsere Leistungsfähigkeit nahm parallel dazu ab. Auf 8000 m beträgt die Sauerstoffaufnahme nur noch 40%. Jeder Mensch kann höhenkrank werden, wenn er zu schnell höher steigt. Allzu schnell zum Gipfel vorzustossen ist in extremen Höhen lebensgefährlich. Durch Akklimatisation kann sich der Körper auf den Sauerstoffmangel einstellen und sich daran gewöhnen. Im Körper werden dazu vermehrt rote Blutkörperchen gebildet. Doch mit der Verminderung des Plasmavolumens wird das Blut durch Flüssigkeitsabgabe eingedickt und man wird anfällig auf Erfrierungen. Es dauert jeweils Wochen, bis der Körper bereit ist, in Höhen über

8000 m vorzustossen. Wir waren erstaunlich schnell genügend akklimatisiert und konnten uns vor allen anderen Teams für den Gipfelgang auf den «Berg der Seele» in Stellung bringen.

 

 

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Live Reportage am 11. Januar 2020 um 20.00 Uhr, Gemeindesaal Celerina

Mit faszinierenden Bildern und Videos sind die beiden Celeriner aus dem Himalaya heimgekehrt. Ihre Live Reportage zeigt eindrückliche Szenen von beiden Expeditionen mit packenden Bildern und Videos. Mit Fotos der ersten Expedition machten sich die beiden auf eine spannende Suche nach den einfachen Menschen von damals.

Der einmalige Multimedia-Vortrag zeigt die fremdartige, abenteuerliche Welt des Expeditions-Bergsteigens auf eindrückliche Weise.

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